Kommentiertes Verzeichnis der Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2018/19
VL Einführung in die Metaphysik (VEV)
Geert Keil
Veranstaltungsnummer: 51002
UL 6, 2091/92; ab Mi., 17.10.2018, wöch. 10-12 Uhr
Die Metaphysik beschäftigt sich, frei nach Aristoteles, mit Prinzipien und Begrif- fen, die so allgemein sind, dass sie den Wissenschaften und dem Alltagsverstand zu Grunde liegen, mit deren Mitteln aber nicht geklärt werden können. Aristoteles nannte die für die all- gemeinsten und grundlegendsten Fragen zuständige Disziplin „Erste Philosophie“, später hat man sie „Metaphysik“ genannt.
Ein wichtiges Teilgebiet der Metaphysik ist die Ontologie, deren Hauptfrage sich nach W. V. O. Quine in drei Silben bezeichnen lässt: „Was gibt es?“ Noch einfacher ist die Antwort: „Alles.“ Bei dieser richtigen, aber uninformativen Auskunft lässt die philosophische Ontologie es nicht bewenden. Sie versucht, das, was es gibt, zu systematisieren und in Kategorien einzuteilen. Die meisten dieser Kategorien müssen nicht erst erfunden werden, denn auch außerphiloso- phisch sprechen wir ja von Dingen, Ereignissen, Zuständen, Tatsachen, Personen, Eigenschaf- ten, Zahlen etc. Die Ontologie fragt unter anderem, in welchen Beziehungen diese Entitäten zueinander stehen, ob sie sich alle in eine gemeinsame Landkarte eintragen lassen und woran sich bemisst, welche zwielichtigen Anwärter auf Existenz aufgenommen werden.
In der Vorlesung werden ausgewählte Probleme der Metaphysik und der Ontologie erörtert. Stichwörter: Was ist Metaphysik? Metaphysik und Metaphysikkritik, Metaphysik und Wissen- schaft, deskriptive und revisionäre Metaphysik, zum Verhältnis von Ontologie und Metaphysik, Identitätsbedingungen, Persistenz und Veränderung (Kann man mehrmals in denselben Fluss steigen?), Substanz- und Prozessontologie, das Universalienproblem, Wahrheit und Welter- schließung, metaphysischer Realismus.
HS Neuere Arbeiten zur „anthropologischen Differenz“ / New work on the 'anthropological difference'
Geert Keil
Veranstaltungsnummer: 51055
DOR 24, 1.406; ab Mo., 22.10.2018, wöch. 10-12 Uhr
Mit dem Ausdruck „anthropologische Differenz“ bezeichnet man in der philosophischen Anthropologie den oder die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Menschen und den (anderen) Tieren. Nachdem sich in der Philosophiegeschichte eine lange Liste von anthropologischen Definitionsformeln angesammelt hat, beginnend mit animal rationale, ist in der Gegenwartsdebatte so gut wie alles umstritten: ob die anthropologische Differenz kategorisch oder graduell aufzufassen ist, ob für ihre Untersuchung die Philosophie oder die empirischen Humanwissenschaften zuständig sind, ob man eher in der Biologie oder eher in der Kultur zu suchen hat und ob nicht die Annahme einer menschlichen „Sonderstellung“ bloß eine überwindungsbedürftige Ideologie darstellt. Im Seminar werden neuere, vorwiegend englischsprachige Texte behandelt, wobei auch solche aus der evolutionären Anthropologie und der ‚philosophy of animal minds‘ einbezogen werden.
CO Philosophisches Kolloquium / Philosophical Colloquium
Geert Keil
Veranstaltungsnummer: 51075
UL 6, 3036; ab Do., 19.04.2018, wöch. 10-13 Uhr
Das Kolloquium wendet sich an Masterstudierende, Examenskandidaten und Doktoranden. Es bietet ein Forum zur Diskussion im Entstehen begriffener eigener Texte, insbesondere von Masterarbeiten, und zur gemeinsamen Lektüre aktueller Forschungsliteratur. Es wird mehrere thematische Schwerpunkte geben, die in der ersten Sitzung gemeinsam festgelegt werden. Wer teilnehmen möchte, melde sich bitte bei kerstin.helf@hu-berlin.de an.
PS Demokratie und Wahrheit/Democracy an Truth
Christoph Schamberger
Veranstaltungsnummer: 51030
UL 6, 3059; ab Di., 16.10.2018, wöch. 18-21 Uhr
Was spricht dafür, allen erwachsenen Staatsbürgern über Wahlen politischen Einfluss einzuräumen? Dafür lassen sich moralische und ökonomische Argumente vorbringen. In diesem Proseminar soll es aber um epistemische Argumente für und gegen Demokratie gehen; es geht um die Frage, wie gut Demokratien darin sind, wahre und richtige Entscheidungen zu treffen und Irrtümer zu vermeiden. Epistemische Demokraten vertreten die Auffassung, Demokratien seien darin besser als alle anderen Regierungsformen, und zwar sowohl in der Wahl der politischen Werte und Ziele als auch in deren praktischer Umsetzung. Diese These ist allerdings umstritten: An Wahlen beteiligen sich auch Menschen, die wenig bis gar kein Sachwissen über Politik haben; und selbst gut informierten Wählerinnen und Wählern fällt es schwer zu beurteilen, welche Partei am ehesten die eigenen Interessen vertritt und inwieweit die vorgeschlagenen Maßnahmen (z.B. wirtschaftspolitische Strategien) tatsächlich wirksam sind.
Literatur: In diesem Proseminar werden sowohl epistemische Demokraten zu Wort kommen (vor allem Robert E. Goodin/Kai Spiekermann: An Epistemic Theory of Democracy, Oxford 2018) als auch Kritiker (so etwa Jason Brennan: Against Democracy, Princeton/Oxford 2017). Eine Frage wird auch sein, welche Alternativen es gibt zur Demokratie. So wird in jüngster Zeit vermehrt eine Epistokratie gefordert, in der das aktive und passive Wahlrecht auf politisch informierte, sachkundige Personen beschränkt wird.
PS Metaphysik und Wissenschaft/Metaphysics an Science
Christoph Schamberger
Veranstaltungsnummer: 51031
UL 6, 2093; ab Di., 16.10.2018, wöch. 14-16 Uhr
Sowohl die Metaphysik als auch die Wissenschaft untersucht, was es gibt und was die Welt im Innersten zusammenhält. Aber sie gehen unterschiedlich vor: Während die Wissenschaft einzelne Naturgesetze und die Ursachen bestimmter Phänomene ermittelt, fragt die Wissenschaftsmetaphysik: Was sind überhaupt Naturgesetze und Ursachen (Kausalität)? Eine allererste Antwort lautet: Objekte verhalten sich gemäß Naturgesetzen und verursachen damit Wirkungen, weil sie natürliche Eigenschaften und Dispositionen haben. So hat Salz eine bestimmte molekulare Struktur, aufgrund derer es wiederum die Disposition hat, sich in Wasser aufzulösen.
Im Proseminar soll geklärt werden, wie die angesprochenen Themen der Wissenschaftsmetaphysik genau zusammenhängen. Dabei werden auch folgende Fragen aufgeworfen: Lässt sich anhand von kontrafaktischen Konditionalen (z.B. „Wenn ich das Salz in Wasser werfen würde, dann würde es sich auflösen“) verständlich machen, was Naturgesetze und Dispositionen sind? Gibt es in der Natur Essenzen: Eigenschaften, die einem Objekt mit Notwendigkeit zukommen und dessen Wesen ausmachen? Und schließlich Fragen der Meta-Metaphysik: Wie lassen sich die Behauptungen der Metaphysik rechtfertigen, und werden sie durch den wissenschaftlichen Fortschritt nicht überflüssig gemacht?
Literatur: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten allgemeine Vorkenntnisse der Metaphysik mitbrin- gen oder sich während des Semesters aneignen, z.B. durch Besuch der Vorlesung von Prof. Keil oder durch ein Lehrbuch wie Alyssa Ney: Metaphysics. An Introduction, London/New York 2014. Wer sich auf das Proseminar einstimmen möchte, kann einen Blick werfen in Markus Schrenk: Metaphysics of Science. A Systematic and Historical Introduction, London/New York 2017. Die Bereitschaft zur Lektüre englischsprachiger Texte wird vorausgesetzt.