Kommentiertes Verzeichnis der Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2017
PS Raubkopie, Plagiat, Fälschung - Probleme einer Ethik des Kopierens / Bootleg, plagiarism, forgery – key problems of an ethics of copying
Martin Hoffmann
Veranstaltungsnummer: 51021
UL 6, 2014A; ab Mi., 19.04.2017, wöch. 14-16 Uhr
Die Fälschung eines Bildes von van Gogh oder Vermeer, von Ausweisen oder Geldscheinen, die Plagiierung wissenschaftlicher oder literarischer Texte, der Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden, die Bearbeitung oder Rekombination klassischer Aufnahmen der Rock- und Popmusik (so genannte edits oder mashups) – all diese Dinge haben zweierlei gemeinsam: Erstens ist ihre Herstellung zuweilen so umstritten, dass sie nicht nur emotional geführte Feuilletondebatten anstoßen, sondern auch auf Jahre hinaus Gerichte beschäftigen. Zweitens verdanken all diese Dinge ihre Anfertigung der Tätigkeit des Kopierens: eines Aktes der Reproduktion, Imitation oder Replikation eines Originals oder einer Vorlage. Zwar ermöglichen die Fortschritte in der Reproduktionstechnik das Anfertigen von Kopien in den letzten Jahrzehnten mit immer größerer Perfektion und immer geringerem Aufwand. Kopieren ist aber keineswegs eine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Vielmehr kann man dieser Tätigkeit beinahe den Status eine anthropologischen Konstante zusprechen: Jegliches Lernen setzt Fähigkeiten zur Repräsentation der Vorstellungen und zur Imitation der Aktivitäten anderer voraus. Schon das Kleinkind erlernt grundlegende Verhaltensmuster durch das Kopieren des Verhaltens seiner Eltern. Das Erlernen der Schriftsprache ist nicht möglich ohne das Einüben der richtigen Schreibung von Buchstaben, Wörtern und Sätzen – durch nichts anderes also als durch das Kopieren geeigneter Vorlagen. Der freie Zugang zu kulturellen Erzeugnissen und Erfindungen ist deshalb eine grundlegende Voraussetzung für die freie geistige Entwicklung menschlicher Individuen. Vor diesem Hintergrund werden wir uns im Seminar mit der Frage auseinandersetzen, aus welchen Gründen diese unverzichtbare Kulturtätigkeit manchmal moralisch fragwürdig, moralisch verboten oder auch illegal ist. Dabei soll nicht die mittlerweile unüberschaubare juridische Fachliteratur zu Urheberrecht und Copyright im Mittelpunkt stehen, sondern primär Texte, die genuin ethische Fragen des Kopierens problematisieren. Hierzu gibt es in jüngerer Vergangenheit eine umfangreiche Debatte (s. für einen Überblick: Hick & Schmücker 2016), die allerdings ihre Vorläufer in der Philosophiegeschichte hat – so z. B. eine Kontroverse um die Legitimität des Büchernachdrucks am Ende des 18. Jahrhunderts, an der sich auch Immanuel Kant (1785) und Johann Gottlieb Fichte (1793) beteiligt haben. Im Seminar werden wir diesen klassischen Positionen aktuelle Texte vergleichend gegenüberstellen. In der ersten Sitzung diskutieren wir Forcehimes’ Verteidigung des Diebstahls von Ebooks (Forcehimes 2013). Ich bitte alle Teilnehmenden, diesen kurzen Text gründlich vorzubereiten.
Literatur:
Fichte, J. G. (1793). Beweis der Unrechtmäßigkeit des Büchernachdrucks. Ein Räsonnement und eine Parabel. Berlinische Monatsschrift 21, 443–483.
Forcehimes, Andrew T. (2013). Download this essay. A defence of stealing ebooks. Think 12(34), 109–115.
Hick, D. H. & Schmücker, R. (2016). The aesthetics and ethics of copying. London/New York/Sydney.
Kant, I. (1785). Von der Unrechtmäßigkeit des Büchernachdrucks. Berlinische Monatsschrift 5, 403–417.
Nida-Rümelin, J. & Steinbrenner, J. (Hg.) (2011). Original und Fälschung (Reihe: Kunst und Philosophie). Ostfildern.
PS Was ist ein Artefakt? / What is an artifact?
Martin Hoffmann
Veranstaltungsnummer: 51022
UL 6, 2093; ab Mi., 19.04.2017, wöch. 10-12 Uhr
Dass so unterschiedliche Dinge wie eine 4000 Jahre alte Vase, eine Bronzeskulptur, (manche?) Ergebnisse experimenteller Forschung, Kernreaktoren, Wassergläser, Notizblocks, Dateien, aber auch Müllberge und das Ozonloch Artefakte sind, darüber besteht weitgehend Einigkeit. Gleichwohl ist es alles andere als einfach, den Begriff des Artefakts angemessen zu charakterisieren oder gar zu definieren. Bezieht sich der Begriff Artefakt auf alle künstlichen Dinge, auf alle Resultate kulturell vermittelter Schaffensakte, auf alles von Menschen Hergestellte oder sogar auf alles durch menschliches Handeln (Mit-)Verursachte? Bei allen Meinungsverschiedenheiten ist unstrittig, dass der Artefaktbegriff der umfassendste Begriff ist, mit dem auf dingliche Resultate menschlicher Kulturtätigkeit Bezug genommen werden kann. Deshalb ist er für mehrere Teildisziplinen der Philosophie relevant. Für die Wissenschaftstheorie der Geschichts- und Kulturwissenschaften ist er bedeutsam, weil er wie kein anderer ihren Gegenstandsbereich bezeichnet. Für die Ontologie stellen Artefakte eine besondere Herausforderung dar, weil sie sich jedenfalls prima facie nicht einer der drei Gegenstandsklassen zuordnen lassen, die man im Anschluss an Frege unterscheiden kann: Sie sind nämlich offenbar keine rein mentalen Gegenstände, denn ihre Existenz hängt nicht allein von subjektiven Wahrnehmungen, Intentionen oder Empfindungen ab (man denke an die Existenz eines Kernreaktors oder des Ozonlochs). Ebenso wenig sind Artefakte allesamt materielle Dinge – sonst wären Theaterstücke und Symphonien keine Artefakte, obwohl Kunstwerke gemeinhin als paradigmatische Fälle von Artefakten angesehen werden. Artefakte können jedoch auch nicht ohne Weiteres zur Klasse der abstrakten Gegenstände gezählt werden, weil die Frage danach, wo und wann sie geschaffen worden bzw. entstanden seien, in den meisten Fällen sinnvoll gestellt werden kann. Obwohl der Artefaktbegriff also vielfältige Bezüge zu philosophischen Forschungsfragen aufweist, wird er (im Unterschied zum Begriff der Kultur, der Technik oder der Kunst) erst in den letzten dreißig Jahren verstärkt diskutiert. Im Seminar werden wir klassische und aktuelle Schlüsseltexte zur Philosophie der Artefakte lesen und anhand ausgewählter Anwendungsbeispiele diskutieren. In der ersten Sitzung des Seminars werden wir uns mit dem ersten Teil des Aufsatzes Wie aus Gedanken Dinge werden von Maria Reicher (2013, 219–226) auseinandersetzen. Ich bitte alle Teilnehmenden, diesen kurzen Text gründlich vorzubereiten.
Literatur:
Baker, L. R. (2007). The metaphysics of everyday life. An essay in practical realism. Cambridge/New York/Melbourne.
Dipert, R. R. (1993). Artifacts, art works, and agency. Philadelphia.
Margolis, E. & Laurence, St. (Hg.) (2007). Creations of the mind. Theories of artifacts and their representation. Oxford
Reicher, Maria E. (2013). Wie aus Gedanken Dinge werden. Eine Philosophie der Artefakte. Deutsche Zeitschrift für Philosophie 61, 219–232.
Schmücker, R. (Hg.) (2013). Schwerpunkt: Philosophie der Artefakte. Deutsche Zeitschrift für Philosophie 61, 215–299.
van Inwagen, P. (1990). Material beings. Ithaca/London.
HS Normalität - Devianz - Krankheit: Die wissenschaftstheoretische Kontroverse um den Krankheitsbegriff / Normality – Deviance – Disease: The Concepts of Disease, Illness, and Malady in Philosophy of Medicine
Martin Hoffmann
Veranstaltungsnummer: 51049
UL 6, 2093; ab Di., 18.04.2017, wöch. 18-20 Uhr
Während die Begriffe Kraft, Energie und Feld Grundbegriffe der Physik sind und der Begriff des Lebens ein Grundbegriff der Biologie ist, wird der Gegenstands- und Aufgabenbereich der Medizin wesentlich durch den Krankheitsbegriff bestimmt. Es kommt hinzu, dass das Erleben (oder Erleiden) von Krankheit nicht nur wissenschaftlich relevant ist, sondern unsere Lebenswelt und unser Verständnis von uns selbst prägt, sobald wir von Krankheiten betroffen sind. Diese breite wissenschaftliche und alltagssprachliche Verwendung macht den Krankheitsbegriff zu einem kontrovers diskutierten Gegenstand philosophischer Analyse.
Leitende Fragen der (wissenschafts-)philosophischen Diskussion sind dabei: Welchen Dingen kann man sinnvoll die Eigenschaften des Krank- oder Gesundseins zuschreiben? Ist dies nur bei Lebewesen (Menschen, Tieren, Pflanzen) möglich oder gibt es auch Erkrankungen bei sozialen Kollektiven oder „Pathologien der Vernunft“ (Honneth)? Ist der Krankheitsbegriff ein rein deskriptiver Begriff, der wertfrei expliziert werden kann? Kann das Vorliegen von Krankheiten im Einzelfall allein mit Hilfe der Anwendung wissenschaftlich-deskriptiver Kriterien diagnostiziert werden oder sind dabei zumindest implizit stets Wertungen (gesellschaftliche Setzungen, moralische Normen) relevant? Stellen die Rede von körperlichen und die Rede von psychischen Krankheiten den Bezug zu demselben Krankheitsbegriff her, oder handelt es sich bei psychischen Störungen um einen Krankheitstyp sui generis?
Von diesen Leitfragen ausgehend werden wir im Seminar die Grundlinien der modernen Debatte um den Krankheitsbegriff kennenlernen, die vornehmlich in der Philosophie der Medizin, aber auch in der angewandten Ethik und der Sozialphilosophie geführt wird.
Teilnahmevoraussetzung für das Seminar sind Grundkenntnisse in der Wissenschaftsphilosophie. In der ersten Sitzung werden wir die ersten beiden Abschnitte des klassischen Aufsatzes On the distinction between disease and illness von Christopher Boorse (1975, 49–62) diskutieren. Ich bitte alle Teilnehmenden, diesen Text gründlich vorzubereiten.
Literatur:
Boorse, Ch. (1975). On the Distinction between Disease and Illness. Philosophy and Public Affairs 5 (1), 49–68.
Boorse, Ch. (1977). Health as a theoretical concept. Philosophy of Science 44, 542–573.
Boorse, Ch. (2010). Concepts of health and disease. In: Gifford, F. (Hg.): Philosophy of Medicine (Handbook of Philosophy of Science, Vol 16) (S. 13–64), Amsterdam/Boston/Heidelberg.
Honneth, A. (2007). Pathologien der Vernunft. Frankfurt a. M.
Hucklenbroich, P., A. Buyx, Ch. Suhm (Hg.) (2013). Wissenschaftstheoretische Aspekte des medizinischen Krankheitsbegriffs. Münster.
Nordenfelt, L. (1995). On the nature of health. An action-theoretic approach. Revised edition, Dordrecht.
Schramme, Th. (2012). Krankheitstheorien. Frankfurt a. M.
Wieland, W. (1986). Strukturwandel der Medizin und ärztliche Ethik. Philosophische Überlegungen zu Grundfragen einer praktischen Wissenschaft. Heidelberg.
HS Narrative Identität, narrative Erklärungen – Die Rede über Narration und Erzählung in der Theorie der Person / Narrative identity, narrative explanations – narration and story-telling in contemporary theory of the person
Martin Hoffmann
Veranstaltungsnummer: 51050
UL 6, 3103; ab Di., 18.04.2017, wöch. 14-16:30 Uhr
Die Rede über Narrationen und Narrativität ist zur Zeit en vogue. In der Philosophie gibt es gegenwärtig Kontroversen um narrative Ethik, narrative Erklärungen, narrative Akte, narrative Strukturen, narrative Form, narrative Methoden – oder auch ganz generell um den Sinn und Zweck eines „narrative turn“.
Die Debatte um personale Identität stellt diesbezüglich keine Ausnahme dar. Hinsichtlich unserer Identität als Personen gibt es eine Reihe von Fragen, die in der philosophischen Tradition fest verankert ist: Wer sind wir? Welche Eigenschaften sind für uns wesentlich oder charakteristisch? Wie deuten wir uns selbst und wie verstehen und gestalten wir unser Verhältnis zu anderen Personen? Seit den 1980er Jahren werden diese Fragen verstärkt in Zusammenhang mit den Begriffen Narration und Narrativität gebracht. Im Ausgang von den umfassenden Konzeptionen von Charles Taylor (1989) und Paul Ricoeur (1996/orig. 1990) entwickelte sich eine umfangreiche Kontroverse darüber, inwiefern wir uns selbst als wesentlich narrative bzw. geschichtenerzählende Wesen begreifen können. Insbesondere Marya Schechtman (1996) hat dafür argumentiert, dass die Rede über Narration und Narrative unverzichtbar sei, wenn wir erklären wollen, warum wir an unserem Überleben oder an der Verfolgung persönlicher Projekte interessiert sind und warum wir uns für unser Handeln Verantwortung zuschreiben.
Im Seminar wollen wir die Erklärungskraft der Rede über Narrative und Narration für den Bereich der personalen Identität genauer unter die Lupe nehmen. Grundlegend sind dabei zwei Fragen zu unterscheiden: (a) Welche Begriffe von Narrativ/Narration sind im Hinblick auf unsere Identität als Personen relevant und (b) welche Erklärungskraft haben diese Begriffe im Hinblick auf das Verständnis von uns selbst als Personen? Diesen Fragen werden wir im Seminar anhand einschlägiger Texte diskutieren. Das Ziel besteht dabei darin zu überprüfen, inwiefern der Begriff der Narration im Hinblick auf unser Selbstverständnis als Personen tatsächlich explanatorisch fruchtbar ist.
Teilnahmevoraussetzungen für das Seminar sind Grundkenntnisse in der Narratologie und/oder in der Theorie der Person. In der ersten Sitzung werden wir drei kurze Kapitel aus Wilhelm Schapps Buch In Geschichten verstrickt diskutieren (Schapp 1953, 1–8,103–106). Ich bitte alle Teilnehmenden, diesen Text gründlich vorzubereiten.
Literatur:
Crone, K. (2016). Identität von Personen. Eine Strukturanalyse des biographischen Selbstverständnisses. Berlin/Boston.
Henning, T. (2009). Person sein und Geschichten erzählen. Eine Studie über personale Autonomie und narrative Gründe. Berlin/New York.
Hutto, D. D. (2007). Narrative and understanding persons. Cambridge.
Ricoeur, P. (1996). Das Selbst als ein Anderer. München.
Schechtman, M. (1996). The constitution of selves. New York.
Strawson, G. (2004). Against Narrativity. Ratio (New Series) 17, 428–452.
Schapp, W. (1953). In Geschichten verstrickt. Zum Sein von Mensch und Ding. Wiesbaden.
Taylor, Ch. (1989). Sources of the self. The making of the modern identity. Cambridge.
PS Aristoteles' Poetik / Aristotle's Poetics
Nora Kreft
Veranstaltungsnummer: 51024
DOR 24, 1.406; ab Di., 18.04.2017, wöch. 12-14 Uhr
Die Poetik ist ein kurzer, nur unvollständig erhaltener Text. Es geht um verschiedene Kunstformen, insbesondere um Dichtkunst. Aristoteles meint, dass sich die Dichtkunst durch Nachahmung (mimesis) auszeichnet: In Komödien, Tragödien und Epen werden menschliche Handlungen nachgeahmt, über die es sich lohnt, nachzudenken.
Anders als Sokrates in der Politeia scheint Aristoteles der Dichtkunst eine wichtige Rolle für moralische Erziehung und Erkenntnis zuzuschreiben. Ihm zufolge sind Menschen im Vergleich zu anderen Tieren in besonderem Maße zur Nachahmung befähigt und lernen auch anfangs nur durch Nachahmung. Das ist auch ein Grund dafür, warum ihnen Nachahmung eine eigentümliche Lust bereitet: Selber Dinge nachzuahmen und der Nachahmung anderer zuzuschauen, macht Menschen eine besondere Art von Freude. Als Publikum von dichterischer Nachahmung – also der Nachahmung bedeutsamer, menschlicher Handlungen – empfinden wir zwar Emotionen wie Furcht und Mitleid, aber wir erfahren auch etwas, das Aristoteles ‚katharsis’ nennt. Katharsis scheint eine Art Erlösung zu sein, möglicherweise hervorgerufen von einer bestimmten Art von moralischer Erkenntnis.
In diesem Seminar lesen wir Aristoteles’ Poetik, nehmen aber an einigen Stellen auch die Nikomachische Ethik, De Anima und die Rhetorik zu Hilfe. Wir fragen uns, was Aristoteles genau mit mimesis meint, was wir seiner Meinung eigentlich mithilfe von mimesis und insbesondere von dichterischer mimesis lernen, was katharsis bedeutet, und warum die mimetische Fähigkeit und Lust an Nachahmung besonders menschlich ist. Es gibt auch Raum, darüber nachzudenken, inwiefern Aristoteles’ mimesis- und katharsis-Begriff für die derzeitige philosophische Ästhetik relevant sind.
Lektüre zur Vorbereitung: Aristoteles' Poetik, Reclam-Ausgabe (Altgriechisch hilfreich, aber nicht notwendig).
UE Argumentation und Sprache (StO 2007) / Schreiben und Argumentieren (StO 2014)
Nora Kreft
Veranstaltungsnummer: 51040
DOR 24, 1.406; ab Mi., 19.04.2017, wöch. 14-16 Uhr
In diesem Seminar üben wir philosophisches Argumentieren und Schreiben, wie der Titel schon besagt. Wir diskutieren einige klassische Schlussmuster und Fehlschlüsse, rekonstruieren Argumente aus philosophischen Texten und verfassen philosophische Essays. Der einführende Logikkurs ist hilfreich, aber keine notwendige Voraussetzung für den Kurs.
Zur Lektüre empfohlen:
M. Sainsbury: Logical Forms (2nd ed.), 2000.
R. M. Sainsbury: Paradoxes (3rd ed.), 2015.
HS Mentale Handlungen / Mental Actions
Nora Kreft
Veranstaltungsnummer: 51053
DOR 24, 1.406; ab Mi., 19.04.2017, wöch. 12-14 Uhr
Gibt es mentale Handlungen, und wenn ja, welche mentalen Vorgänge zählen dazu? Das Bilden von Urteilen und Absichten, Vorstellungen, Erinnerungen? Wie verhalten sich mentale zu nicht-mentalen Handlungen? Und welche Rolle spielt hier Freiwilligkeit? Wenn wir uns z.B. ein Urteil über einen bestimmten Sachverhalt bilden, dann wählen wir unser Urteil typischerweise nicht aus einer Menge alternativer Optionen aus. Falls Freiwilligkeit freie Wahlmöglichkeit in diesem Sinne impliziert, scheint das Fällen von Urteilen also nicht freiwillig zu sein. Folgt daraus, dass Urteile zu fällen gar keine Handlung ist? Oder deutet es eher darauf hin, dass wenigstens mentale Handlungen gar nichts mit Freiwilligkeit in diesem Sinne zu tun haben? Gibt es andere Sinne von Freiwilligkeit, die auf mentale Handlungen zutreffen?
Das Nachdenken über diese Fragen ist u. a. deshalb wichtig, weil es uns dabei helfen kann, Autonomie im ‚Geist’ besser zu verstehen – also was es bedeutet, autonom zu denken, autonome Absichten zu bilden und (vielleicht auch) autonom zu fühlen und zu wünschen. Im Seminar diskutieren wir die neuste Literatur zum Thema.
Empfohlene Literatur:
Lucy O’Brien and Matthew Soteriou (eds.), 2009: Mental Actions, Oxford University Press.