Humboldt-Universität zu Berlin - Philosophische Anthropologie

Humboldt-Universität zu Berlin | Institut für Philosophie | Philosophische Anthropologie | Lehre | Kommentiertes Verzeichnis der Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2013/14

Kommentiertes Verzeichnis der Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2013/14

 

VL Einführung in die Philosophie

Geert Keil

Veranst.Nr. 51 005

HE 1, 1.06; ab Mo., 21.10.2013, wöch. 10-12 Uhr

 

Die Vorlesung führt in das Studium der Philosophie ein. Sie verschafft einen ersten Überblick über die Teildisziplinen der Philosophie, erläutert philosophische Grundbegriffe und erörtert das Verhältnis zwischen der Philosophie und den (anderen) Wissenschaften.
Die Vorlesung wird von obligatorischen Tutorien begleitet. Sie dienen der Vertiefung des Vorlesungsstoffs und sollen zudem für ein erfolgreiches Philosophiestudium wichtige Fertigkeiten vermitteln. Die Vorlesung wird gemäß der Studienordnung mit einer Klausur abgeschlossen.

Es werden begleitende Tutorien angeboten.

 

 

HS Menschliche Fehlbarkeit / Human Fallibility

Geert Keil

Veranst.Nr. 51 057

DOR 24, 1.406; ab Mi., 16.10.2013, wöch. 12-14 Uhr

 

Menschen sind fehlbare Wesen. Sie streben nach Wissen, verfügen aber nach allem, was wir wissen, nicht über Überprüfungsverfahren, die gegen jeden Irrtum immun wären. So sicher man sich einer Überzeugung auch sein mag und so sorgfältig man sie geprüft hat, gibt es doch keine Garantie dafür, sich nicht geirrt zu haben. Dass es sich so verhält, liegt weder im Begriff des Wissens noch in dem der Wahrheit noch in dem der Rechtfertigung. Denkmöglich sind unfehlbare Wesen durchaus, nur gehören wir nach allem, was wir wissen, nicht zu ihnen.
Manche Philosophen haben den Befund bestritten und zumindest für einige (Klassen von) Aussagen behauptet, dass man sie unfehlbar als wahr erkennen kann. Andere Philosophen haben aus der menschlichen Fehlbarkeit skeptische Konsequenzen gezogen. Fehlbarkeit spricht aber für sich genommen nicht für den Skeptizismus, sondern für den Fallibilismus. Der Unterschied zwischen beiden Positionen wurde und wird überraschend häufig übersehen. Gegen den Fallibilismus wird zuweilen die Eigenart apriorischer – im Unterschied zu aposteriorischer – Erkenntnis ins Feld geführt, der aber vermutlich mit dem Problem der Fehlbarkeit nichts zu tun hat.
Im Seminar sollen zunächst Theorien der Unfehlbarkeit diskutiert werden, eingeschlossen die Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes. Wenn sie sich als unhaltbar erweisen, bleibt die Frage zu erörtern, wie wir in theoretischer und in praktischer Hinsicht möglichst vernünftig mit unserer Fehlbarkeit umgehen können.
Neben Arbeiten der aktuellen Erkenntnistheorie werden unter anderem Texte von Descartes, Kant, Perirce, Wittgenstein sowie von Vertretern des Kritischen Rationalismus und der Transzendentalpragmatik behandelt.

Literatur zur Einführung:

Stephen Hetherington, Artikel »Fallibilism« in der Internet Encyclopedia of Philosophy: http://www.iep.utm.edu/fallibil/

 

 

CO Philosophisches Kolloquium / Philosophical Colloquium

Geert Keil

Veranst.Nr. 51 080

UL 6, 3103; ab Do., 11.04.2013, wöch. 10-13 Uhr

 

Das Kolloquium wendet sich an fortgeschrittene Studierende und Doktoranden. Es bietet ein Forum zur Diskussion im Entstehen begriffener eigener Arbeiten und zur gemeinsamen Lektüre aktueller Forschungsliteratur. Es wird mehrere thematische Schwerpunkte geben, die in der ersten Sitzung gemeinsam festgelegt werden. Wer teilnehmen möchte, meldet sich bitte bei kerstin.helf@hu-berlin.de an.

 

 

CO Tutorenkolloquim zur VL Einführung in die Philosophie
(nur für studentische Tutoren des Instituts)

Geert Keil

Veranst.Nr. 51 081

UL 6, 3103; ab Mo., 21.10.2013, wöch. 14-15 Uhr

 

Das einstündige Kolloquium für die Tutorinnen und Tutoren zur Vorlesung »Einführung in die Philosophie« dient der Abstimmung der Lehrinhalte und der Rückmeldung über die Tutorien. Es kommen alle inhaltlichen und didaktischen Fragen zur Sprache, die mit der Abhaltung eines Tutoriums verbunden sind..

 

 

PS Einführung in die Erkenntnistheorie / Introduction to Epistemology

Alexander Dinges

Veranst.Nr. 51 081

I 110, 241; ab Fr., 18.10.2013, wöch. 16-18 Uhr

 

Können wir überhaupt jemals etwas wissen? Hätten wir nicht genau dieselben Überzeugungen, die wir tatsächlich haben, wenn wir in der Matrix leben würden? Und wären dann nicht alle oder zumindest die meisten unserer Überzeugungen falsch? Folgt daraus wiederum nicht, dass wir nicht wissen können, ob wir in der Matrix leben und dass z.B. ich nicht wissen kann, ob ich tatsächlich gerade im Büro sitze und diesen Text schreibe und nicht vielmehr in einem Tank in der Ecke eines Labors stehe? Natürlich kann man sagen: An diesen Überlegungen muss etwas falsch sein! Schließlich weiß ich doch -- wenn ich überhaupt etwas weiß -- dass ich gerade hier im Büro einen Text schreibe. Das mag sein. Aber wo genau der Fehler liegt, bleibt trotzdem eine schwierige Frage, der wir im Seminar nachgehen wollen. Ausgehend von diesem Skeptizismus- Problem wollen wir uns mit weiteren klassischen Fragen der Erkenntnistheorie befassen, etwa der Frage danach, was Wissen eigentlich ist und was wir meinen, wenn wir den Ausdruck "Wissen" verwenden. Wir werden uns diesen Fragen weitgehend anhand möglichst aktueller Texte nähern, aber auch einige Klassiker der Erkenntnistheorie lesen. Die Teilnahme am Seminar setzt die Bereitschaft voraus, sich mit englischsprachiger Literatur auseinanderzusetzen.

 

 

PS Der Würde-Begriff / The concept of dignity

Nora Kreft

Veranst.Nr. 51 027

SO 22a, 4.11; ab Mi., 16.10.2013, wöch. 12-14 Uhr

 

Die UN-Menschenrechtscharta und andere Rechtstexte wie das Grundgesetz berufen sich in ihren Präambeln auf die Würde des Menschen: Sie soll jeweils begründen, warum Menschen manche Rechte unbedingt und unveräußerlich zukommen – oder allgemeiner ausgedrückt, warum sie unter allen Umständen vor bestimmten Arten der Verletzung geschützt werden sollen. Aber was ist mit ‚Würde’ gemeint? Kann sie wirklich begründen, warum ihre Träger diesen besonderen moralischen Status haben, und wenn ja, wie? Und wer hat eigentlich Würde, nur Menschen oder auch (manche oder alle) Tiere? Oder alles Lebendige? Oder niemand?

Diese Fragen sind nicht neu. Das Nachdenken über die Bedeutung und die Implikationen von Würde hat eine philosophische Geschichte, die natürlich lange vor ihrem Auftauchen in obigen Gesetzestexten beginnt. Kant meint z.B., Würde sei eine Eigenschaft von ‚Zwecken an sich‘ und bedeute nichts anderes als Unersetzbarkeit; deshalb könne und dürfe man ‚Zwecke an sich‘ nicht wie ersetzbare Dinge behandeln; ferner seien Menschen aufgrund ihrer Fähigkeit zur Selbstgesetzgebung ebensolche ‚Zwecke an sich‘. Schopenhauer meint dagegen, dass der Würde- Begriff leer sei und nur dazu diene, nicht tiefer über die Grundlagen unserer moralischen Überzeugungen nachdenken zu müssen. Das Spektrum der Theorien über Würde ist also weit.

In diesem Seminar wollen wir uns anhand von ausgewählten historischen und zeitgenössischen Texten dem Würde-Begriff annähern.

Lektüre (u.a.):

Kant, Immanuel Grundlegung II
Rosen, Michael, 2012: Dignity – Its History and Meaning, HUP

 

 

HS Christine Korsgaard: Self-constitution - Agency, Identity and Integrity

Nora Kreft

Veranst.Nr. 51 059

UL 6, 2014 B; ab Mi., 16.10.2013, wöch. 14-16 Uhr

 

In ihrem Buch versucht Korsgaard zu verstehen, was menschliches Handeln ausmacht. Sie entwickelt die These, dass Handeln das Ausführen einer bestimmten Fähigkeit ist, nämlich der ‚capacity for normative self-government‘: Als Menschen sind wir in der Lage, uns selbst Gesetze zu geben und uns auch nach ihnen zu richten; und wenn wir das tatsächlich tun, dann ist unser Verhalten ein Handeln.

So verstanden ist Handeln ihr zufolge aber immer auch Selbst-Konstitution: Indem wir uns nach unseren selbstgesetzten Maximen richten, bestimmen wir unsere eigene praktische Identität. Und das ist nicht nur ein weiterer Aspekt, sondern die Funktion des Handelns – wir handeln, um ‚jemand‘ zu werden, um uns selbst zu konstituieren. Eine zentrale Bedingung für das Gelingen von Handeln und Selbst-Konstitution ist nun ihrer Meinung nach, dass wir ‚integrity‘ haben – und damit meint sie zunächst einmal nur, dass wir eine psychische Einheit aufweisen. Diese Einheit wiederum könne aber nicht ohne moralische Grundsätze erlangt werden. Ohne Überzeugungen darüber, was moralisch (und damit meint sie u.a., was unbedingt) geboten ist, bleiben wir demzufolge handlungsunfähig und identitätslos.

In dieser Kürze muten diese Thesen zur Verbindung von ‚Agency‘, ‚Identity‘ und ‚Integrity‘ zwar hoffentlich spannend, aber kontrovers und wahrscheinlich auch teilweise unverständlich an. In diesem Seminar lesen wir Korsgaards Buch, um sie uns verständlich zu machen. An gegebener Stelle werden wir auch Texte von Platon, Aristoteles und Kant einsehen, auf die sie sich zentral bezieht.

Lektüre:

Korsgaard, Christine, 2009: Self-Constitution – Agency, Identity and Integrity, OUP

 

 

PS Descartes' Naturphilosophie / Descartes' Natural Philosophy

Beate Krickel

Veranst.Nr. 51 028

I 110, 241; ab Do., 17.10.2013, wöch. 14-16 Uhr

 

Descartes war der Meinung, dass die Physik seiner Zeit (17. Jhd.) auf einem falschen metaphysischen Fundament und einem irreführenden Begriffssystem aufgebaut sei. Fortschritte in der Physik seien nur auf der Basis einer umfassenden Erneuerung der metaphysischen und begrifflichen Grundlagen möglich. Im Zentrum seiner Kritik stehen der aristotelische Hylemorphismus (die These, dass jeder Gegenstand als Zusammengesetztes aus Form und Materie zu betrachten ist) und der Atomismus (die These, dass die Welt aus unteilbaren materiellen Teilchen und dem leeren Raum besteht).
Diesen Auffassungen stellt Descartes sein System gegenüber, in dem Materie wesentlich etwas Ausgedehntes ist (und nichts anderes), das sich in den Modi der Länge, Breite und Tiefe konkretisiert, unendlich teilbar ist und durch Bewegung individuiert wird.
Im Seminar werden wir uns zunächst mit den Theorien des Hylemorphismus und des Atomismus beschäftigen. Auf dieser Grundlage werden wir uns mit Descartes’ Naturphilosophie auseinandersetzen. Im Fokus werden dabei die folgenden Fragen stehen: Was ist Materie? In welchem Zusammenhang stehen primäre Eigenschafen, wie z.B. die Größe eines materiellen Gegenstandes, und sekundäre Eigenschaften, wie z.B. seine Farbe? Was ist Bewegung? Was sind Naturgesetze? Textgrundlage wird vor allem sein Werk Prinzipien der Philosophie sein.

(Einführende) Literatur:

Descartes, R. Prinzipien der Natur, Hamburg: Felix Meiner Verlag. (auch online bei zeno.org)

Perler, D. (2006). René Descartes. 2. Aufl., München: C.H. Beck.

Garber, D. (1992). Descartes' Metaphysical Physics. Chicago: University of Chicago Press.